Justage einer Triumph Tippa, Baujahr 1977 – Bei Automobilen nennt man sowas „Zitrone“

Sie sieht aus wie eine Contessa.

Triumph Tippa

Nur kleiner. Oder nicht? Ich hab die Contessa nicht mehr ganz genau in Erinnerung. Die Tippa hier kommt mit einem schäbig schabenden Wagen zu mir. Und ohne Koffer. Kofferlose Maschinen sind so eine besondere Sache: hab ich da jetzt soviel Mitleid, dass ich das arme Ding trotzdem retten muss? Die kann ich ja nichtmal aufrecht in die Ecke stellen.

Kofferlose Maschinen machen immer auf sich aufmerksam.

Brauchen mehr Platz, ziehen immer Staub, melden sich in meinem Kopf…

Die muss ich gleich machen, dann kann sie auch wieder weg!

Sowas in der Art. Ja, wirf mir ruhig Undankbarkeit vor. Und Ahnungslosigkeit. Die hatte ich schon, als ich eine Groma Gromina zerlegt habe. An dem Artikel arbeite ich noch. Aber was ich da gelernt habe, geht bis zu dieser Triumph Tippa.

Denn die ist eine Nachfahrin der Groma Gromina.

Wer hätte das gedacht. Die Groma-Geschichte ist tragisch. Ja, vielleicht auch die meiner Restaurierung der Gromina, aber hier meine ich tatsächlich die Geschichte der Konstrukteure. Krieg, Nachkrieg, Ost-West, usw. Ich gehe da ausführlich in dem Beitrag zur Gromina ein. Der steht aber noch aus.

Wie oft soll ich das denn noch sagen?

Also:

Triumph Tippa, Seriennummer 5909385. Also Baujahr 1977.

Trotz aller Qualität der Herkunft, diese hier ist ein Kind der Einsparungen: Kunststoffgehäuse, oben, unten. Nach meinen – laienhaften – Erfahrungen: nicht gedacht tatsächlich mal zerlegt zu werden. Die Bodenplatte zumindest. Denn die hat eingeschweißte Schrauben und ohne Hintergrundwissen passierte hier etwas, was mir so richtig die Laune an dieser Maschine vermiest hat: das Plastik zerbrach. Zum Glück nur an den sechseckigen Steckschrauben im Boden. Von Außen ist das nicht zu erkennen. Und an der Haltbarkeit, naja. Schau Dir mal eine Olympia SM 2 an. Das ist Haltbarkeit.

Egal. Nicht zuviel meckern, ich hab sie ja haben wollen. Weil ich schon eine alte Adler Tippa habe, auch aus Plastik, aber ein Jahrzehnt älter. Oder zwei. Und die schreibt sich so dermaßen gut und schnell, na,

dachte da der naive Enthusiast, probierste ma die hier.

War nix. Diese letzte der Tippas (sie ruhen in Frieden, ich denke zu Recht) ist sowas von langweilig. Die hat so überhaupt gar nix beim Schreiben. Da fehlt jegliches Feeling. Für mich! Immer nur für mich, gell? Kann sein, dass sie Dir super gefällt. Das ist ja schön für Dich. Und dann soll das eben so sein!

Aber nicht für mich. Sie schreibt sich so, wie ich mich an die Contessa meiner Eltern erinnern kann. Passte halt nicht. Und passt heute immer noch nicht.

Nun aber zurück zu den Problemen dieser gelben Zitrone hier: der Wagen kratzt, wenn man den Freilauf nutzen will. Zu Anfang bin ich ja ein ganz ein Schlauer und denke mir nicht viel. Ich gucke blöd auf zwei fette flache Schrauben an den Enden der Wagenschiene und schraub halt mal links ab und mal rechts. Dann schieb ich Filz drunter und denk mir,

jau, jetz is Platz!

Und bügel das ganze Ding wieder zusammen. Mache dann alles Schick und will sie wieder loswerden. Vor ein paar Tagen – also nachdem ich ein gutes Stück anderer Maschinen mal wirklich repariert hab und nicht nur so getan – denk ich mir: machste mal ein Farbband rinne und legst los.

Pfeifedeckel. Es kratzt zwar nix, aber die Schrift sieht aus wie Sau. Ganz klar: so hat sich der Konstrukteur nun auch wirklich nicht gedacht und ich hab wieder was gelernt. Ich glaube wir sind mittlerweile bei Merksatz Nummer sieben:

Einfach irgendwo was drunterpappen bringt sicher das Gleichgewicht durcheinander!

oder auch

Der Konstrukteur hat sich was dabei gedacht!

Und ich eben nicht. Also jetzt ja schon. Und weil ich geläutert und gesalbt wurde, nehm ich mich der Sache dann mal richtig und wirklich an: Nochmal alles auseinandergebaut und schön auf den Tisch gestellt. Die Filzeinlagen wieder raus und alles wieder festgezogen.

Kratz, kratz.

Das Escapement, also das zentrale Zahnrad kritzel-kratzelt am Zackenblech des Freilaufs. Da fehlt irgendwie Platz. Ich denke zuerst an „Fallschaden“ oder „Versandprobleme“, also eine einfache Kaltverformung dieser Bauteile durch irgendwas in der Vergangenheit. Vielleicht hat die einer auf den Tisch gewemmst, oder sonstwas. Ja, nee, so wirklich verbogen ist da jetzt nicht wirklich was.

Ich zieh meinen Schuh aber weiter durch und mache Dinge, die für die Lösung des Problems…

…absolut unnötig gewesen sind!

Aber mich dabei in jedem Fall weitergebracht haben. Um besser auf das Escapement zu schauen, baue ich die Andruckrolle aus. Und die beiden kleineren sekundären Rollen auch. Ein bisschen Schleifen und saubermachen schadet ja nix. Die seitlichen Plastikdeckel am Wagen mache ich auch mal weg.

Tippa Wagen linke Seite; man beachte die beiden Schrauben unten und das Langloch rechts daneben: HIER justiert man den Wagen an der Triumph Tippa!

Mal sehen, was da an Schraubwerk zu Tage kommt.

Sogar den Lagerbügel der Typenhebel baue ich spaßeshalber mal aus. Hui, was man damit für Sorgen haben kann, wenn man den erstmal wieder falsch einbaut. Tatsächlich: manche Sachen wirken so simpel, dass man sie nur falsch machen kann. Zum Glück hab ich das Problem schnell gelöst und den Bügel wieder richtig fixiert.

Es wird aber nun Zeit für einen achten Merksatz:

Suche Schrauben, die in Langlöchern stecken, oder irgendwas, das aussieht, als könne man damit etwas einstellen!

Das ist mal ein wichtiger Satz! Hätte ich den beachtet, wäre ich gleich am Anfang auf die Lösung des Problems gekommen: Der Wagen ist im unteren Rahmen gelagert. Dazu wurden vier Fixierschrauben und eine Langlochniete (ja, sieht wie Schlitzschraube aus, ist aber nur eine Niete) benutzt. Löst man diese Schrauben (nicht ganz rausnehmen!) und hält das Ganze System weiter ein wenig „unter Spannung“, kann man mit dem Schraubenzieher an der Langlochniete den Abstand sehr genau verändern. Es ist ein wenig Probiererei nötig, ist man zuweit oben hält der Wagen nicht und fängt an unter empörtem Kratzen frei zu laufen. Ist er zu weit unten, kommen die Typen gar nicht erst aufs Papier.

Es ist also eine Sache des Probierens. Ein blöder Nebeneffekt einer falschen Einstellung ist auch, dass der Wagen nach der Mitte des Blattes auf einmal stehen bleibt. Oder, dass am Ende des rechten Tabulators die Margin-Reset Taste keine Wirkung hat. Es ist ein wirklich empfindliches System. Hier kommt es auf weniger als Millimeter an.

Am Ende aber ist es einigermaßen gut eingestellt. Ein Kompromiss zwischen Druckbild und Funktionsfähigkeit. Und deswegen mag ich diese Tippa auch nicht: hier wurde nicht an die Nutzer gedacht. Das Ding wurde maschinell hergestellt. Dann Hauptsache verkauft und vergessen. Das widerspricht meinem Bild einer guten Schreibmaschine ganz einfach. Da muss der Nutzer selbst mit Logik und einfachen Mitteln das Ding wieder ordentlich zum Laufen bringen.

Schriftbildprobe – ja, Baujahr 1977

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